Hilfsgruppe Eifel – Förderverein für krebskranke Kinder

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Junggesellen in Kallmuth pflegen einen alten Brauch – An Allerheiligen von Haus zu Haus – Nur Eingeweihte verstehen die geheimnisvollen und temporeich vorgetragenen Verse – Der Erlös geht seit 15 Jahren an die Hilfsgruppe Eifel  

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Kall/Kallmuth Der alte Brauch nennt sich „Brabbeln“ und die Junggesellen aus Kallmuth pflegen dieses Eifeler Kulturgut seit vielen Jahrzehnten am Allerheiligen- oder am Allerseelentag. Seit wann genau die ledigen Jungmänner jedes Jahr zum Beginn des Novembermonats im Dorf von Haus zu Haus ziehen und um Trost für die armen Seelen im Fegfeuer bitten, weiß heute keiner mehr. Auf den ersten Blick sind auch die Brabbel-Verse der Junggesellen recht geheimnisvoll und ziemlich unverständlich. Teils auf Hochdeutsch, teils auf Eifeler Platt leiern die Brabbeler ihre Verse in atemberaubender Rede-Geschwindigkeit herunter.

Thomas Stoffels (links), Dirigent des Musikvereins Kallmuth, empfing die Brabbeler mit seinem Söhnchen Emil auf dem Arm. Foto: Reiner Züll

Nur eingeweihte Kallmuther verstehen den gebrabbelten Redeschwall der Junggesellen, die nicht nur um Trost für die armen Seelen im Fegefeuer bitten, sondern auch um Spenden. Doch das gesammelte Geld behalten die Junggesellen keinesfalls für sich. Wurden früher Kerzen für die armen Seelen gekauft, und über das ganze Jahr in der Kirche abgebrannt, so spenden sie seit etwa 15 Jahren den Erlös des Brabbelns an die Hilfsgruppe Eifel. Mehrere tausend Euro sind da schon zusammengekommen.

Ein Scheinchen für den guten Zweck gibt Anna Stoffels in die Sammelkassette. Foto. Reiner Züll
In Kallmuth pflegen die Junggesellen an Allerheiligen den alten Brauch des Brabbelns. Foto: Reiner Züll

Außerdem, so Martin Stoffels, der die Brabbeler in diesem Jahr anführte, lassen die Jungmänner jedes Jahr eine Messe für die Gefallenen und Vermissten des Dorfes lesen. Ganz leer gehen die Brauchtumspfleger bei ihrem Heischegang durch das Dorf jedoch nicht aus, denn die Kallmuther zeigen sich auch spendabel, wenn es um die Versorgung der Brabbeler mit einem guten Tropfen vor der Haustür geht.

Sieben Stunden im Dorf unterwegs

Gut sieben Stunden waren die Junggesellen in diesem Jahr unterwegs, um wieder Geld für die Hilfsgruppe zu sammeln. Start der Brabbel-Tour war traditionelle bei Ortsbürgermeister Robert Ohlert in der St. Georg Straße. Von dort ging es dann hinunter ins Dorf, wo die Gruppe mit Martin Stoffels, Kai Steffens, Simon Seidenfaden, Joshua Hals, Marco Sistig, Constantin Odenthal und Raphael Drove keine Straße ausließ.

Auch das Wetter spielte mit, so dass viele Kallmuther vor ihren Häusern auf die Ankunft der Brabbel-Gruppe warteten und Schnaps und Bier parat gestellt hatten.

Beim Brabbeln werden die Junggesellen nicht selten zu einem Schnäpschen eingeladen. Foto: Reiner Züll

Das nahmen die Junggesellen gern an, denn das ständige „Ölen“ der Stimmbänder beflügelte das Herunterrasseln der geheimnisvollen und  maschinengewehrartig vorgetragenen Arme-Seelen-Verse nicht unerheblich, wie sich auch beim Dirigenten des Musikvereins Kallmuth, Thomas Stoffels, zeigte. Der hatte mit seiner Gattin Anna und den Kindern Finja und Emil auf die Gruppe gewartet – und natürlich auch ein Fläschchen Seelenwärmer parat gestellt.

De Käez steht op de Bröck

Dann legten die Brabbeler im sensationellen Sprachtempo los: „Gott, grüß Euch in allen Ehren, die Ihr da drinnen seid. Gott tröst die armen Seelen, die im Fegfeuer sind, im Fegefeuer sind. De Käez steht op de Bröck, unn lööch böss en de Baach. Mir john en Ühre Jaade, unn zertrödde Ühre Flaas“. Wer de Flaas noch plöcke well, der moss jet fröh opstohn. Wer et Mädche freie well, der darf net schloofe john. Jong Fräuche wohr von Ehren, unn leet de Mahd stohn. Seij joov oss sebbe Eier, unn leet oss wedder john; Mir hann noch fähr ze john. Die Gabe, die Ihr uns gebet, die geht Euch selber an; Der Weg zum ewigen Leben, da ist kein Zweifel dran, kein Zweifel dran. Jooden Ovend.“

In nur 24 Sekunden hatten die Junggesellen den Mehrzeiler heruntergebetet, wobei auch Thomas Stoffels unter Beweis stellte, dass er als ehemaliger Brabbeler sowohl den Text als auch das Tempo noch immer bestens beherrscht. Gattin Anna Stoffels zeigte sich spendabel und legte einen Schein in eine Holzkassette, die als Kasse dient, und die von einem Jahrzehntelangen Brabbel-Einsatz zeugt.

Diese Unterschrift auf der Holzkassette zeigt, dass auch der vor 30 Jahren zum Priester geweihte Pfarrer Karl-Heinz Stoffels einst mit den „Brabbel-Männ“ durch Kallmuth gezogen ist. Foto: Reiner Züll
Martin Stoffels leitete in diesem Jahr die Sammelaktion zugunsten der Hilfsgruppe. Foto: Reiner Züll
Der Deckel der Holzkassette, die als Sammelbüchse dient, zeigt die Unterschriften von Junggesellen, die im Lauf der Jahrzehnte mit auf Brabbel-Tour waren. Foto: Reiner Züll

Auf dem Deckel der Holzkasse haben sich die brabbelnden Junggesellen aus mehreren Jahrzehnten verewigt. Viele von Ihnen sind schon längst Väter oder bereits Großeltern. Auffallend ist auch die einstige Unterschrift von Karl-Heinz Stoffels, der, so MV-Dirigent Thomas Stoffels, schon seit fast 30 Jahren Priester ist.

Bevor sich die Junggesellen für die „guten Gaben für den guten Zweck“ bedanken, kredenzte auch Dirigent Thomas Stoffels den Jungen eine Runde „Kurzen“. Dann ging es weiter im Richtung Ringstraße, wo Hilfsgruppenmitglied Ralf Heistert und Lebensgefährtin Margareta Schneider bereits auf die Brabbel-Truppe warteten. Und auch dort gab es nach dem Verse-Vortrag einen kleinen Durststiller. Ralf Heistert bedankte sich im Namen der Hilfsgruppe bei den Junggesellen für die jahrelange Unterstützung.

Bis abends 21.30 Uhr, so Brabbeler Raphael Drove, sei man in Kallmuth unterwegs gewesen. Es sei wieder eine erfolgreichew aktion gewesen und sehr erfreulich, dass auch Neubürger bei der Pflege des alten Brauches mitgemacht hätten. Und ganz wichtig: „Auch die Verpflegung hat gestimmt“.

Bei einem der nächsten Monatstreffen der Hilfsgruppe werden die Kallmuther Junggesellen von ihren Brabbel-Erlebnissen berichten und die obligatorische Spende überreichen.             (Reiner Züll)

Ein Schnäpschen in Ehren: Für das temposchnelle Brabbeln müssen die Junggesellen hin und wieder ihre Stimmbänder „ölen“. Foto: Reiner Züll